Die Suizidhilfe wird schon lange stark diskutiert. Kurz vor der parlamentarischen Sitzungspause war sie erneut Teil der politischen Debatte. Die Details lesen Sie hier.
Kurz vor der Sitzungspause des Bundestages haben wir Abgeordnete uns sehr ausführlich mit der Suizidhilfe beschäftigt. Das Thema betrifft die Grundfesten des menschlichen Lebens und ist deshalb naturgemäß stark diskutiert. Wie bei kaum einem anderen Thema treffen hier teils diametrale Ansichten aufeinander – umso wichtiger ist die gründliche Debatte. Im Bundestag haben sich aus diesem Grund unterschiedliche Abgeordnete zu Gruppen zusammengefunden. Darum lagen zuletzt unterschiedliche Gesetzesentwürfe vor. Schlussendlich erlangte keiner dieser Entwürfe eine Mehrheit.
Alle Kollegen einte jedoch, das Thema mit einer großen Ernsthaftigkeit und mit dem Wunsch nach Würde für die mit Suizidgedanken befassten Menschen zu behandeln. So stimmten fast alle Abgeordneten einem Antrag zu, die Suizidhilfe zu stärken.
Beide Entwürfe einte, dass mit ihnen Voraussetzungen geschaffen werden sollten, unter denen Suizidwillige Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten erhalten können. Dazu wären unter anderem Änderungen im Betäubungsmittelgesetz nötig. Auch sahen beide Entwürfe eine Regulierung der Werbung für Hilfe zur Selbsttötung im Heilmittelwerbegesetz sowie jeweils eine Evaluierung vor.
Ich bin Mitunterzeichner des Gesetzentwurfs der „Gruppe Castellucci" und anderen Abgeordneten. Dieser betont die Suizidprävention und verortet die Suizidhilfe im Strafrecht, sofern das vom Bundestag beschlossene Schutzkonzept nicht eingehalten wird. Meiner Ansicht nach ist das Strafrecht der richtige Ort, um Missbrauch zu verhindern und die Schutzpflicht klarzustellen für eine eigenverantwortliche und reflektierte Entscheidung ohne Druck.
Hintergrund der Gesetzentwürfe ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus Februar 2020. Das Gericht hatte das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt und betont, dass die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, – als Ausdruck des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben – auch die Freiheit umfasse, „hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“.
Wir achten das Urteil des Verfassungsgerichts, dass es zur Selbstbestimmung gehört, über das eigene Ende entscheiden zu können. Es muss jedoch festgestellt werden, dass es sich hierbei wirklich um eine freie Entscheidung handelt, weshalb eine reine Beratung aus meiner Sicht nicht ausreicht. Zudem: Ein Schutzkonzept, das keine Konsequenzen hat, wenn man es verletzt, ist kein Schutzkonzept – deshalb braucht es die Verortung im Strafrecht.
Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts bleibt bestehen: Wir müssen für Klarheit sorgen. Einerseits natürlich für Suizidwillige, nicht zuletzt aber auch für Ärztinnen und Ärzte, die tagtäglich mit der Herausforderung konfrontiert sind.
Unser Ziel bleibt weiterhin: Sterbehilfe ermöglichen, aber nicht fördern.
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